Glaube

Dezember 2018

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„glauben = hoffen = vertrauen = glücklicher leben“ – eine Kausalkette?

„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Johann Wolfgang von Goethe.

„Es gibt Berührungspunkte zwischen Naturwissenschaft und Glauben, die bis zur gegenseitigen Ergänzung führen können. Die Begrenztheit beider Erkenntniswelten ist offenkundig. Keine kann einen berechtigten Anspruch auf die Erfassung der Gesamtwirklichkeit erheben.“

Unterschied Glaube Aberglaube?


BIST DU…?

Dein Herz weckte meines,

Spricht nun immerzu:
Vertraue, bleib bei mir –

Ziehe mit dir durch jede dunkle Bar,
Hinein in den Regenbogen unserer Freiheit.

Die ersten Sonnenstrahlen weben unser Zukunftsgemüt,
Welches im Abendrot glühend weiter zieht.

Bist du die Wurzel meines Baumes, die mich unendlich nährt?
Hältst du jeden Windsturm und die Feuerblitze von mir ab?

Blicke dir tief in die Augen, erkenne deine Seele, lächle,
Entflamme mich an deiner Glut –
Du bist es!

<© Xenia Hügel>


ERrettett

dichtragend
bejahend
vergebend
belebend
haltgebend
heilspendend
nieendend

<© Simon Felix Geiger>


Die zwei Chefs

Sie hieß Simaida Keller. Gekannt hatte ich sie schon lange. Wer sie wirklich war, erfuhr ich erst später. Dienstlich hatte ich nichts mit ihr zu tun. Außer wenn sie zaghaft an die Tür klopfte, weil sie mein Zimmer putzen wollte. Die Zeit, die sie zum Saubermachen brauchte, verschwand ich meist ins Labor oder in einen Hörsaal, die nachmittags oft leer waren. Zwischen ihr und mir waren noch ein paar Leiter (und Halbleiter), die ihr Anordnungen gaben. Wegen der Lautstärke insbesondere des einen Leiters (oder Halbleiters) habe ich das manchmal mitbekommen. Gedacht habe ich mir nichts dabei. Ich grüßte sie freundlich. Und sie mich. Aber ihr Blick kam mir immer so unterwürfig vor. Hierarchie schien ihr wichtig. All dem schenkte ich keine Beachtung.

Bis zu diesem grauen Novembertag, als ich sie kennen lernte. Ich war auf der Suche nach meinen Unterlagen, die ich im Hörsaal IV nach der letzten Mathematik-Vorlesung wohl vergessen hatte. Als ich in Eile die Tür aufriss -mein Zug fuhr in zwanzig Minuten- stand sie an der Tafel und war gerade dabei, die Kreide in die Ablage zurückzulegen. Ich starrte erst an die Tafel, dann auf sie, dann wieder zurück an die Tafel. „Ich glaube, Ihnen ist da ein kleiner Fehler unterlaufen“, sagte sie leise und ein spitzbübisches Schmunzeln huschte über ihr Gesicht. „Dieses Integral hätte nicht zum richtigen Ergebnis geführt. Ich habe es geändert.“

Und wieder war da dieses Lächeln. Ein Lächeln, das ich noch nie bei ihr gesehen hatte. Noch immer stand ich im Türrahmen und begriff nicht. In der Vorlesung am Morgen hatte mich das Pausenzeichen überrascht. Schnell hatte ich noch einen Lösungsansatz an die Tafel geklatscht und eine Hausaufgabe für die Studenten daraus gemacht. Und jetzt stand alles richtig an der Tafel. Der kleine Fehler in meinem Lösungsansatz war verbessert und ein kurzer und eleganter Lösungsweg war direkt darunter skizziert.

Bei meiner dritten Einladung zu einer Tasse Kaffee sagte sie endlich zu. Das Gespräch begann zögerlich, wurde dann aber sehr dicht. Sie war Deutsche, in Kasachstan geboren und aufgewachsen, mein Jahrgang – genauer zwanzig Tage jünger als ich. Ihr Mathematikexamen in Moskau hatte sie mit Auszeichnung gemacht. War dann zurück nach Kasachstan gegangen und Lehrerin geworden. 1994 war sie mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen. Um die Anerkennung ihrer Diplome hatte sie lange gekämpft. Es war vergeblich gewesen. Heute ist sie Putzfrau, pardon, Raumpflegerin in unserem Betrieb.

Nach diesem Tag lud ich sie ab und an zu einer Tasse Kaffee ein. Wir sprachen über Deutschland und über Kasachstan, über das Reisen und über die Mathematik. Weil ich ihr Lächeln mochte, versuchte ich manchmal sie zu necken. Meist wurde ihr Blick dann aber noch strenger.

Vor einem Jahr habe ich sie in der Stadt getroffen. Wie krank sie da schon war, habe ich nicht bemerkt. Ganz offensichtlich freute auch sie sich über diese zufällige Begegnung. Begeistert erzählte ich ihr von meiner letzten Reise durch Mittelamerika. Sie hörte aufmerksam zu. Auf ihre Frage, ob denn das Reisen in diesen Ländern nicht gefährlich sei und ob ich denn nicht manchmal Angst hätte, antwortete ich ihr mit einem schelmischen Lächeln: „Nein. ich habe nämlich zwei Chefs und die passen gut auf mich auf.“ Das Fragezeichen in ihrem Gesicht löste sich in ein helles, herzliches Lachen, als sie mich sagen hörte: „Meine Frau ist der eine Chef. Der andere ist der da oben.“ Mit der Hand wies ich dabei in den blauen Sommerhimmel über uns. In konspirativer Manier fügte ich dann noch hinzu: „Meine zwei Chefs sind manchmal ganz schön nervig. Aber ich weiß mich zu wehren. Ich kenne da ein paar Tricks.“

Noch immer war ihr Lächeln freundlich, aber ihre Augen wurden sehr ernst, als sie mir entgegnete: „Den Chef da oben kann man nicht austricksen. Aber machen Sie sich keine Sorgen, der ist ein guter Chef.“ Noch einmal schenkte sie mir ihr Lächeln. Dann war sie in der Menge verschwunden.

Ich habe sie nie wieder gesehen. Aber diese Geschichte fiel mir ein, als ich heute auf ihrer Beerdigung war.

<© Jörg Zschocke>


Perspektiven

Es gibt Momente
Da falte ich die Hände
Wenn es mich überkommt
Ist es egal, wo ich stehe

Ein letzter Ausweg
Den ich wähle
Wenn nichts mehr hilft
Auch wenn mein Verstand
Mir ins Ohr flüstert

Gedrängt hat man mich nie
So zünde ich auch heute
Eine Kerze an
Wenn es mich hinaustreibt
Ewig sind SIE in unserer Mitte
Menschen, die die Faust ballen
Wenn sie ihren Mund öffnen
Ergießen sich Worte
Die über uns bleiben

Es heißt nicht
Wir wüssten von nichts
An unseren Händen klebt Altlast
Da hilft kein Gebet
Dicht bei uns
Über dem Dach der Welt

<© Sabine Fenner>


friday friday

es ist so weit
die kreuzigung eines gottes steht bevor
ein schauspiel das ihr noch nicht gesehen habt
kommt alle kommt und schaut
es ist kein trick dabei
alles echt
der gott das blut der schmerz
der stich in die leber mit einem essigschwamm
die dunkelheit der tod
hier wird gestorben
göttlich
aber fürchtet euch nicht
er wird auferstehen dieser gott
flugs nach drei tagen
aus seinem grab kein leichenraub
alles ist echt
er wird sogar auffahren zum himmel
was ihr glaubt es nicht
so kommt und schaut das schauspiel
eintritt frei
aber beeilt euch
die plätze in der ersten reihe werden schnell vergeben sein
das fernsehen ist mit von der partie
liveübertragung in die ganze welt
und für alle die es verpasst haben
gibt es später wiederholungen
alle bilder noch einmal
in slow motion
die kreuzigung eines gottes
sein gesicht in großaufnahme
anschließend liveinterviews
mit den angehörigen
den anwesenden
dem richter dem henker
den anhängern
und unbeteiligten passanten
bilder fakten und meinungen
analysen von experten
die letzten worte des gekreuzigten gottes in der stunde seines todes

<© Werner Weimar-Mazur>


weißt du noch

seitdem glaube ich wieder
an das leuchten der worte, an das leuchten
an sich wusste ich schon immer
um dich und um mich und uns
ummanteln die worte und zeichen
ein gefühl, das uns nie verließ

<© Diana Jahr>


Wachsendes Vertrauen

Wachsendes Vertrauen in deine Liebe.

Ich strecke meine Hände aus, empfange.

Mein Herz beginnt zu singen und in einem neuen Takt zu schwingen.

Ich stehe auf Wurzeln,
meinen Blick gehoben in Sonnenlicht getränkte Blätter.

-Wie ein Baum.

Lass meinen Glauben verwurzelt sein wie ein Baum, der sich emporstreckt – hin zu dir.

Lass mich von deiner Quelle trinken, denn sie versiegt nie.

Die Früchte, die du schenkst, will ich in diese Welt tragen,

denn auf ihnen ist geschrieben dein wunderbarer Name.

Mein Herz ist voller Dankbarkeit, wenn ich auf dich und dein Wirken blicke,

– zündet ein ganzes Feuerwerk in mir.

Du erhellst die Nacht mit Schönheit, mit deinem wärmenden Trost

und mit neuer Hoffnung.

Ich stehe da und kann einfach nur staunen…!

Lass meinen Glauben tief verwurzelt sein in dir.

Ja, in dir muss ich Lebensstürme niemals fürchten.

Du hältst stand, mit deiner liebevoll begleitenden Hand.

Stürme ziehen auf, doch bringen sie mein Herz nicht ins schwanken,

denn meine Wurzeln sind gebettet in deiner Liebe.

Und dein Schutz umgibt mich, wie den Baum seine Rinde.

Meine Blätter mögen manches Mal im Sturm fallen, sie mögen verwelken,

doch niemals könnte mich jemand zu Fall bringen, mich aus deiner starken Hand reißen.

Denn du schenkst Leben, ewiglich in deinem Licht.

Kommt der Herbst in Todeskälte, bist du meine Auferstehung,

all mein Gold und all mein, all mein Glück.

Ich bin verrückt nach dir.

Mich verzehrt nach dir.

Wie der Baum dürstet, so dürstet mich nach dir.

Ja, wie der Baum dürstet, so dürstet mich nach dir.

Vertrauensvoll darf ich mein Leben in deine Hände legen.

Du bist es, der Wachstum schenkt.

Du bist die Sonne, die mein Herz wärmt und meine Blätter zum Leuchten bringt.

Du bist der Wind, der mich sanft zum Tanzen bringt.

Und alles nehme ich aus deinen Händen. Ich nehme es als Geschenk und ich weiß,

dass nichts mein Eigen ist.

Aber ich danke dir für deine Liebe

und für deine Gnade, die mich so viel in den Händen halten lässt; die mich bewegt,

die mich antreibt, hinaus zu den Menschen und deine Liebe weitergeben lässt.

Du bist alles für mich. Du bist alles für mich, Jesus!

Und wie der Baum dürstet, so dürstet mich nach dir.

Ich bin verrückt nach dir.

Mich verzehrt nach dir.

Wie der Baum dürstet, so dürstet mich nach dir.
Ja, wie der Baum dürstet, so dürstet mich nach dir.

Du bist alles für mich!

Und ich danke dir, dass ich mit dir sein darf, ewiglich!

<© Julie Greiner>


glaube

vielleicht wartet er bereits
mit abgedunkelten flügeln
am eingang deiner fragen

<© Gabriele Pflug>


Gespräch

Du hast Deine Sprache verloren?

Die Stille ist eingekehrt.

Den Glauben, den du verloren,
der war vielleicht verkehrt?

… musst etwas warten, nicht klagen.
Die Liebe kann niemals vergehen.
Wie kannst du so etwas sagen.

Was echt ist bleibt immer bestehen.

Du hättest dein Leben verloren,
die Tränen und auch den Traum?

Dir wird etwas Neues geboren,
füllst damit den leeren Raum.

<© Barbara M. Hauser>


Ohne wenn – dann

Glauben mag ich (an Religionen) nicht
Lassen sie doch heftige Gegengründe zu
Auserwählte wollen sie sein
Unbarmherzige Kreuzzüge Missionen Missbräuche
Bigottes bis in die tiefste Vergangenheit hinein
Es haben zu viele geschadet und gedroht…

~

Ein Leben ohne jenen Machtanspruch
Bei friedlichem Zusammenleben (einander Halt geben)
Und nicht auf höhere Wesen oder ein Danach verlassen
Achtsamkeit für das was diese Welt ausmacht
Lieben und Leben mit der Natur
Glauben mag ich anders…

<© Monika Meise>


zum glauben

in der erde
in den wurzeln im stamm
in den ästen im blatt
ist sie

ich sage nicht:
bist Du
denn an ein Du
kann ich nicht mehr glauben

Du bist mir
verloren gegangen
hast dich davon gemacht
still und heimlich
wie ein dieb

geblieben ist
unzähmbare energie
pures leben
ohne Du

<© Monika Reinfurt>

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