März 2020
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.Hermann Hesse
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott …
Aller Anfang ist schwer.
Vor 13,8 Milliarden Jahren nahmen Raum und Zeit ihren Anfang.
Prof. Martin Ammon, Theoretisch-Physikalisches Institut, Uni Jena
Die Zeit kann keinen Anfang haben. Denn der Anfang der Zeit, das müsste ein Zeitpunkt sein. Und jeder Zeitpunkt zeichnet sich dadurch aus, dass er in Früher- und Später-Relationen zu anderen steht. Es muss also zu jedem Zeitpunkt ein früherer Zeitpunkt gedacht werden können.
Prof. für theoretische Philosophie Johannes Hübner, Uni Halle
beginn von verschwinden
die berge wie kartographiert sind eines aber ein anderes
geduckte brocken drohend am rand eines sichtfelds
skizziere doch du mal von dem ganzen den anfang
führe strudel und schlünde als grund an
und doch
war was sich heute als neu generiert auch immer schon gestern
und bis das licht dieses sterns dich berührt wird von euch beiden
mindestens einer schon staub oder stein sein aber
definiere doch du mal den beginn von verschwinden
<© Matthias Engels>
Neubeginn
Nichts ist dein
Das Bett und der Stuhl
Ganz zu schweigen
Von alledem
Wer bist du
Der die Farbe Rot nicht kennt
Erde ist dir nicht genug
Kein Dach über dir
Unter deinem Blick
Fingert klamme Kälte
Ich sorge für mich
Und den Rest besorgt die Zeit
<©Sabine Fenner>
Gletscher
Im vergessenen Haus
der Sprache, wo in den Fluren
noch Spuren des Nichts sind,
ein Lauschen, ein Tauschen
der Worte,
die den Anfang berühren,
hier führen die Erinnerungen
kein Gespräch,
das nächste liegt schon
hinter dem Ort,
der keine Zeit mehr schmeckt.
<© Barbara Hampel>
politikum
trotz der klima-
erwärmung
wird es spürbar
kälter
auf der erde
wäre zeit
für gedichte
<©Diana Jahr>
Erwachen
Grabe mich aus der künstlichen Welt
einer konstruierten Neonseele
durch Risse im Gehäuse
Dahinter ein altes Licht
ein neuer Wille
Folge der Frequenz der Realität
leuchtet heller
um die Jahresringe der Finger
greife nach Luft
mit jedem Atemzug
Die Wurzeln sieht man nicht
wachsen nach unten
nur so
erreicht man Sterne
Nähren meine wiedergefundene Heimat
Es dreht sich weiter das Rad
immergrün die Wiedergeburt
<© I.J. Melodia>
in der Frühe
ein Haus hat die Augen aufgetan
Bäume lauschen dem Regenbogen
ein Mädchen schlürft sein Bad
der Klee grünt in der ersten Sonne
ein Hase rasiert sein Ohr
in aller Stille schreit die Wärme
die Tage küssen länger
ihre Stunden
das Leben keimt in Zuversicht
In der Frühe
<© Harald Kappel>
ein liebesgedicht
die hände in den taschen
schnee knirscht wenn ich
gehe immer weiter
bis an das ende der liebe
wenn sie einen anfang hat
schmelzen die tage
auf der haut
zittert sonne zwischen den zweigen
<© Christa Issinger>
Nachwinterspaziergang
Nach langen Regentagen
beizte das Gras sich märzengrün.
Mein Winterunbehagen
taute im Sonnenlicht.
Es schien,
als fiele aus den Zügen
nahender Gänse frischer Duft
von Frühling und sie trügen
Wissen um Wärme durch die Luft.
Ihr Rufen ließ verwehen,
was meinen Atem ausgekühlt
für lange Zeit. Im Gehen
hab ich den Lenz schon vorgefühlt.
<© Elke Kaminsky>
illusion
es ist der morgen
der sich vordrängt und spricht
von licht und laune des neuen von ankommenden
zügen menschen in einkaufszeilen, einbahnstraßen
wir hören das aufatmen leerer betten
während gräber tiefer sinken feiern wir
das ausgefallene und kehren nicht mehr in unsere räume zurück
wir sagen der immer kleiner werdende anbeginn
unserer bewegungen in einer landschaft
voller träume und rosengärten sei illusion
wir leihen uns flügel von abgemagerten göttern
und in spiegeln vermeinen wir immerwährenden anfang
<© Gabriele Pflug>
Ein/Bruch
Du bist aus meinem Tag gefallen
und ich trage
keine Lichter auf die erste Seite
des neuen Kapitels.
In meinen Worten zieht sich die Leere
dichter zusammen,
so kalt liegen sie
im Rachen.
Ein Kind lässt Drachen steigen,
höher als meine Stimme
je war.
Und einmal noch bleibt
meine Einsamkeit ganz offen:
Vielleicht bricht heute jemand ein.
<© Sigune Schnabel>
Neuanfang
Morgenrot
brandet gegen das Herz
nähert sich aus der Ferne
spült Lebenslust in die Sinne
Tagesbeginn
<© Jörg Zschocke>
.
es ist der anfang frag nicht nach dem ende
vom ende her wird die erzählung fad
vom ende her siehst du die bühne
ganz erleuchtet
und jeder schatten ist geschwunden
<© Kathrin Külow>
im licht des südens
ganz nah am erdboden
wo die luft besser ist
für gedichte und andere kriechtiere
die blätter des vergangenen herbstes in der schwebe sind
gebettet auf einem kissen aus guten gedanken
will ich schreiben atmen
den tag das wasser
trinken aus einem flacon der liebe
und dich besuchen im licht
des südens
<© Werner Weimar-Mazur>
Frühlingserwachen
An diesem, meinem stillen Morgen
erstand ich nackt aus altem Schlaf
ohne von blaugrauen Träumen zu borgen.
Ich tauschte den wirrbunten Glanz meiner Augen
gegen das ruhige Wiesengrün,
das sich vor meinen Fenstern auftat
im rundspitzgelben Löwenzahnblühn.
Ich ließ dann alles einen Schritt gehen,
was mir so nah an den Tränen lag.
Ich nahm fremde Blumen an vor den Türen
und ging bauchfrei hinaus in den Tag.
<© Arabella Walter>
Anfang und Ende
… fragil erscheint das Gleichgewicht …
fast unbemerkt am Tagessaum,
verdecken Wolken noch die Sicht.
Hörst du den ersten Vogel,
der den Tagesanfang zelebriert,
der seine Stimme hebt und jubelnd
damit andre Vögel inspiriert?
Noch ruhen zwischen Tag und Nacht
im Dämmer die Gemeinsamkeiten,
als wartete ein jeder noch,
sich in den Morgen hin zu weiten.
<© Barbara M. Hauser>